Chronische Bürotätigkeiten können Ihre Gesundheit stark belasten. Ergonomische Möbel können Abhilfe schaffen. Doch sind Neuheiten und Trends sinnvolle Anschaffungen oder nur teurer Unfug? Darauf sollten Sie als Unternehmer beim Kauf von gesunden Büromöbeln achten.
Lesen Sie im Folgenden einen Auszug aus einem Beitrag im Handwerk-Magazin, den Sie hier in voller Länge finden:
Büroarbeiter verbringen bis zu 80.000 Stunden ihres Lebens im Sitzen bei der Arbeit, das sind umgerechnet mehr als neun Jahre, Tag und Nacht. Wer lange vor dem Computer sitzt, hat schnell mit Rückenschmerzen, Nackenverspannungen oder Schmerzen im Handgelenk zu kämpfen. Teilweise sind die Beschwerden so stark, dass Mitarbeiter krankgeschrieben werden und im Betrieb ausfallen: Rückenschmerzen waren im Jahr 2018 der zweithäufigste Grund für Krankschreibungen deutscher Arbeitnehmer, zeigt der „Gesundheitsreport 2019” der Techniker Krankenkasse.
Ergonomische Büromöbel können Beschwerden lindern – oder dazu beitragen, dass sie gar nicht erst entstehen. „Wenn Büroarbeiter schon viel sitzen, sollten sie wenigstens richtig sitzen“, sagt Andreas Hüftle, Ergonomieberater bei Ergotopia, einem Anbieter für ergonomische Büromöbel mit Sitz in Neunkirchen.
Die richtige Sitzhaltung an einem PC-Arbeitsplatz ist relativ schnell erklärt:
- Nacken gerade strecken
- Schultern nach hinten rollen
- Becken nach vorne kippen
- Oberschenkel so positionieren, dass sie im Sitzen leicht nach vorne abfallen
- Oberkante des Bildschirms so positionieren, dass diese maximal auf Augenhöhe liegt
Spezielle Büromöbel unterstützen den richtigen Sitz. Und sie müssen nicht mal besonders teuer sein – im Gegenteil: „Büroeinrichtung ist oft kostspielig, aber nicht funktional. Ab 800 Euro kann man bereits einen ergonomisch designten Stuhl bekommen, der dem Rücken hilft“, erläutert Richard Hageleit. Er ist Physiotherapeut und leitet das Rückenzentrum Hageleit in Konstanz. Dort behandelt er nicht nur Rücken-Patienten in der Praxis. Er berät Kunden auch im eigenen Ergonomiestudio bei der Suche nach Möbeln. Und er vertreibt selbst Büromöbel von Herstellern, denen er vertraut. Komponenten auf dem modernsten Stand von zertifizierten Herstellern gibt es ab einem Gesamtpreis von rund 1.600 Euro. Dazu gehören zum Beispiel:
- ein höhenverstellbarer Schreibtisch
- ein ergonomischer Bürostuhl
- ein ergonomischer Bildschirm
Mit diesen Komponenten lässt sich der Arbeitsplatz individuell auf die Größe des Mitarbeiters einstellen, so dass es nicht zu Fehlhaltungen beim Arbeiten kommt: „Mit einem Bildschirmarbeitsplatz ist es wie mit Schuhen. Jeder braucht eine andere Größe“, sagt Ergotopia-Berater Hüftle. Deshalb müsse sich der Arbeitsplatz an den Körper des daran sitzenden Mitarbeiters anpassen lassen – und nicht umgekehrt.
Ein Stuhl mit einer orthopädischen Funktion hilft zudem, Rückenschmerzen vorzubeugen. Hier empfiehlt Ergonomie-Experte Hageleit vor allem Stühle mit 3D-Sitzwerk. Bei jeder kleinsten Bewegung passt sich der Stuhl an und bewegt sich ganz leicht mit. „Allein, wenn wir Atmen, sind wir ständig in Bewegung. Ein solcher Stuhl schwingt permanent mit und sorgt so dafür, dass die Muskulatur nicht verhärtet“, erklärt Hageleit. Auf Dauer stabilisiere das den Rücken.
Allerdings gibt es auch schwarze Schafe unter den Herstellern von Orthopädie-Stühlen. „Viele Bürostuhl-Hersteller werben mit bewegtem Sitzen. Aus physiologischer Sicht ist das eher unvorteilhaft“, sagt Hageleit. Sitze mit sogenannten Kipp- oder Ballfunktionen seien beispielsweise nicht für den Dauereinsatz geeignet. „Wer dauerhaft so sitzt, läuft Gefahr, Irritationen im Becken davonzutragen“, warnt er. Denn muss der Körper permanent gegen die Schwerkraft stabilisieren, wirkt das auf Dauer ermüdend. Auch von Balancekissen rät der Experte beispielsweise ab, da sie im Dauereinsatz ähnliche Nachteile einbringen können, wie Stühle mit Kippfunktion.
Ein letzter Tipp: Gütesiegel können grundsätzlich auf gute Produkte hinweisen. Doch nicht jedes Zertifikat taugt etwas. Häufig wissen nicht einmal die Fachhändler wirklich Bescheid. Hageleit empfiehlt Produkte mit dem sogenannten AGR-Siegel. Das steht für den Verein „Aktion Gesunder Rücken“. Eine unabhängige Prüfkommission von Medizinern zeichnet Büromöbel nur dann aus, wenn sie die Rückengesundheit nachweislich verbessern. Außerdem rät Hageleit dazu, Möbelstücke vor dem Kauf möglichst unverbindlich zu testen. Bei einigen Herstellern können Kunden ein Testmodel anfordern und nach drei bis vier Wochen entscheiden, ob sie es behalten möchten. Schließlich soll ein Möbel nicht nur gesund sein – sondern auch bequem.
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